

Klassik Motorrad Ausgabe
Nr:1 Jan/Feb 2022
Mister TT
Text: Dr. Peter Lämmermann
Fotos: Lämmermann, Werk
Werner Kaiser und seine unter dem Namen WEKA-Racing in der Szene bekannt gewordenen Projekte faszinieren nicht nur passionierte Ducati-Freunde. Mit seinen Arbeiten konnte er auch dem Werk und der angedockten Rennschmiede NCR weiter helfen.
Wir schreiben den 9. Juni 1982.
Der Engländer Tony Rutter fährt mit seiner Ducati TT2 zum Sieg im Formel-2-Rennen bei der Tourist Trophy auf der Isle of Man. Der Beginn einer Erfolgsstory für die kleinen Zahnriemen-Ducatis, nicht nur auf der Isle of Man. Flinke 122 Kilo Lebendge-wicht, knapp 600 Kubikzentimeter aus zwei Zylindern, gepaart mit knapp 80 kraftigen Cavalli sind zu dieser Zeit auch eine Ansage gegen die Zweitaktrenner, die maximal 350 ccm gemäß TT-Formel-2-Reglement haben dürfen.
Schnell spricht sich die Konkurrenzfähigkeit des neuen Bologneser Materials auch in Deutschland herum. Von Beginn an ist Werner Kaiser, von jeher eingefleischter Ducati-Königswellen-Treiber, begeistert von den kleinen TTS.
Zusammen mit Dieter Rechtenbach aus Zolpich entsteht die Idee, so eine kleine, leichte Rennmaschine auf die Räder zu stellen. Als versierter und langjähriger Ducati-Schrauber hat unser Protagonist schnell gute Drähte nach Bella Italia aufgebaut, um Ducati TTS in Deutschland rennfertig zu machen.
Vom nahegelegenen Ducati-Händler Mico Shop in Singen erfährt Werner, dass der Schweizer Werner Maltry in Italien TT-Rahmen herstellen lassen könnte. Überzeugt vom Konzept, ordert Werner gleich einmal 15 Rahmen. Die Qualität der italienischen Handarbeit lässt indes zu wünschen übrig, und so müssen die Fahrgestelle erst bei der Firma Basler in Offenburg einer intensiven Kur auf der Richtbank unterzogen werden. Diese Rahmen sind dann auch die Basis der ersten TT-Rennmaschinen auf deutschem Boden, der Beginn von WEKA-Racing Kontakte zu NCR.
Die begehrten, leistungssteigernden Motorentelle bezieht Werner Kaiser von NCR, dem Werksrennstall von Ducati, die offiziell mit dem Aufbau der originalen TT-Renner beauftragt sind. Da Ducati zu dieser Zeit permanent vom Konkurs bedroht ist, können Teile oft nicht in adäquaten Mengen produziert werden. Doch exzellente Kontakte zu den beiden Eignern Giorgio Nepoti und Rino Caracci sorgen dennoch für ausreichenden Materialfluss nach Deutschland.
Mit Dieter Rechtenbach, der die Herstellung der GFK-Anbauteile übernimmt, werden zunächst Formen angefertigt, die die kleinen Renner leicht und schmuck einkleiden. Probleme macht jedoch der Kunststofftank, der sich oft als inkontinent erweist. Werner Kaiser, gelernter Maurer, und sein Freund Wolfgang Dittmer, begabter Schrauber und Mann for alle Fälle, können hier auf unkonventionelle Art und Weise schnell Abhilfe schaffen. In einer Form, die kurzerhand aus Beton gegossen wird, dengelt Werner die Aluminium-Blechteile für den schmalen TT-Tank.
Diese werden von Wolfgang fachmännisch zusammengeschweißt und bearbeitet, so dass in diesen Tagen die ersten Aluminium-Tanks for die schnellen Zweiventil-Ducs entstehen.
Aus Dankbarkeit für die gute Zusammenarbeit und die gelieferten Motorenteile bringt Werner Kaiser einen „Selbst-gedengelten“ mit zu NCR, wo der Tank des „Tedesco“ sofort inspiziert und samt dem Erbauer subito ins Ducati-Werk verfrachtet wird. Dort angekommen, wartet Werner zusammen mit Franco Farné und Massimo Bordi sowie einer Dolmetscherin auf den berühmten Fabio Taglioni. Der Dottore befindet den deutschen Aluminiumtank für sehr gut.
Gewicht, Schweißnähte und vor allem das, gegenüber dem originalen Kunststofftank, um zwel Liter erhöhte Fassungsvermögen beeindrucken den Konstrukteur. Werner bekommt den Auftrag einige Tanks herzustellen, um unter anderem Tony Rutter, dank der nun erhöhten Reichweite, bei seinen Erfolgen bei den Isle of Man TT-Rennen zu unterstützen.
Trotz allerlei Hürden gelingt es, für die Saison 1983 und 1984 konkurrenzfähige Ducati TT’s auf die Räder zu stellen. So kann Dieter Rechtenbach einen fünften Platz beim Ulster Grand Prix in Irland erzielen und einen sensationellen zweiten Platz in Barcelona im TT Formel 1-Rennen nach Hause fahren, direkt hinter einem gewissen Joseph Dunlop auf der Werks-Honda. Aber auch in Deutschland sind die Maschinen unter der technischen Betreuung von WEKA-Racing erfolgreich. Im „Trend-Möbel-Team“ fahren unter anderem Margret Lingen, Dieter Rechtenbach und Rainer Vossen, der 1983 auf Anhieb den Junioren-Pokal in der umkämpften 500-Kubikzentimeter-Viertakt-Klasse des OMK-Pokals holt.
Die Zeit geht jedoch auch an den erfolgreichen Rennern aus Bologna nicht spurlos vorbei, und so wendet sich WEKA in der Szene als technischer Betreuer auch den oft überlegenen Zweitaktern zu. Suzuki RG 500, Fahrer Andreas Leuthe, und auch Honda NSR 500 werden sogar bei Einsätzen in der Weltmeisterschaft aul dem Nürburgring und in Monza von Werner Kaiser betreut. Nach einigen Jahren Rennab-Stinenz gibt es dann noch einmal ein kurzes Comeback in der professionellen Rennszene, 1993 beginnt er bei Harald Eckl in Vohenstrauß. Mit Fahrer Peter Out startet eine durchaus erfolgsversprechende Zusammenarbeit.
Gewinn der Europameisterschaft
Seither betreut Werner Kaiser vor allem Hobbyfahrer in den Rennserien von Art Motor und Classic Trophy. Die von ihm gemachten Ducati-Motoren laufen wie das sprichwörtliche Uhrwerk, weshalb hier bereits etliche Meisterschaften mit WEKA-Motoren gewonnen wurden.
Größter internationaler Erfolg war bisher der Gewinn der Europameisterschaft 2014 und 2015 vom Team „capelli-belli“ (Fahrer Eckhard Struck, Manfred Sieg und Robert Bohrhauer) im Rahmen der European Classic Series bis 750 Kubikzentimeter.
Die private Passion des Gebenbachers gilt indes vornehmlich immer noch den kleinen TT-Ducatis aus den achtziger Jahren. Viele davon sind durch Werners Hände gegangen, und manch staunenswerter Umbau wurde realisiert. Der eigenen Vergangenheit geschuldet, verpflanzt Werner zusammen mit Freund Wolfgang auch schon mal einen Königswellenmotor in ein TT-Fahrgestell. Es gibt wohl nichts, was Werner nicht schon mit einer Ducati TT gemacht hätte. Dass der Meister nicht nur schrauben, sondern auch ordentlich am Kabel ziehen kann, beweisen die vielen Pokale mit ersten Plätzen im privaten Museum, natürlich alle eingefahren auf Ducati TT. Die Sammlung. in der auch viele TTs zu bewundern sind, zeugt von gutem Geschmack in Form von unterschiedlichsten Preziosen aus den vergangenen Jahrzehnten, selbstredend alle in perfektem optischen und technischen Zustand.
